Projekt OTTO LAUFFER
Die Rettung eines maritimen Juwels
Bereits 100 Jahre vor dem Zollanschluss Hamburgs gab es
eine Hafenpolizei. Bei der Gründung 1787 hieß sie noch
Admiralitätsrunde, ab 1822 Hafenrunde und von 1875 an Hafenpolizei.
Später wurde sie in Hafen- und Schiffahrtspolizei und im Deutschen Reich
einheitlich in Wasserschutzpolizei umbenannt. Das erste Jahrhundert lang
versah die Hafenpolizei ihren Dienst wasserseitig ausschließlich mit
Ruderjollen. 1889 baute die Werft H.C. Stülcken Sohn die erste
Dampfbarkasse HAFENPOLIZEI I, weitere kleine Barkassen folgten. In den
Jahren von 1926 bis 1930 wurden für den Hafenbereich die letzte Serie
von fünf Dampfbarkassen an die Hafen- und Schiffahrtspolizei geliefert.
Die Behörde hielt nach wie vor an dem robusten Dampfbetrieb fest. Mit
Lieferung der HAFENPOLIZEI I im Jahr 1930 wurde die letzte Dampfbarkasse
abgeliefert. Streng genommen handelte es sich bei dieser baugleichen
Serie nicht um Barkassen, da die Boote mit einem geschlossenen Deck
versehen waren. Neben dem geschlossenen Ruderhaus verfügten sie über
eine versengte Vorderkajüte und erstmals eine Achterkajüte mit
Sitzbänken mit Lederpolsterung. Angetrieben wurden die Boote mit
Verbunddampfmaschinen im Auspuffbetrieb mit 147 Pferdestärken. Die
Besatzung bestand aus drei Mann: Dem Schiffsführer, dem Maschinisten und
einem Decks- bzw. Ausguckmann, der laut Verordnung bei Wind und Wetter
draußen vor dem Ruderhaus seinen Posten einzunehmen hatte.
Der Bauauftrag für die Baunummer 651 wurde am 5.
November 1927 an Stülcken erteilt. Nach einer Bauzeit von acht Monaten
und elf Tagen erfolgten Probefahrt und Ablieferung der HAFENPOLIZEI VI
am 13. Juli 1928, der Baupreis betrug RM 55.000,--. Im Zuge der
Vereinheitlichung durch das Groß- Hamburg- Gesetz von 1937 wurde aus der
Hamburger Hafen- und Schiffahrtspolizei die „Wasser-schutzpolizei-
Gruppe Hamburg". Die Schiffe erhielten den einheitlichen Namen
„Wasserschutzpolizei" mit einer Ordnungsziffer. Aus der HAFENPOLIZEI VI
wurde die WASSERSCHUTZPOLIZEI 6. Damals verfügte die Polizei über 28
Boote, da nun auch die Bereiche Harburg und Altona übernommen wurden.
Dieser Bestand war allerdings teilweise stark überaltert und wenig
effektiv.
Aus der Kriegszeit ist wenig bekannt. Für die
Rüstungsindustrie wurde Edelmetall benötigt. Die Polizeiboote verloren
ihre charakteristischen Schornsteinkronen aus Kupfer, die nach dem Krieg
jedoch wieder nachgebaut wurden. 1949 verfügte die Behörde noch über
zwölf Dampfbarkassen. Ende der 1950er Jahre kamen zwei Serien von
modernen Motorschiffen in Fahrt, um die mittlerweile veralteten und
unwirtschaftlichen Dampfbarkassen abzulösen. Es wurden allerdings nicht
gleich allesamt außer Dienst gestellt, sondern einige wenige
Dampfbarkassen verdienten ihr Gnadenbrot als Reserveboote.
Die WASSERSCHUTZPOLIZEI 6 war zuletzt dem Technischen Betrieb zugeordnet
und wurde schließlich 1968 außer Dienst gestellt.
„1 Dampfboot, 147 PS, zu verkaufen. Näh.
Gänsemarkt 36, Zi. 19, Telefon 34 10 16, Apparat 371". Diese kleine 6 mm
Anzeige erschien am 1. März 1968 im „Hamburger Abendblatt". Hinter der
Anschrift verbarg sich die Finanzbehörde der Freien und Hansestadt
Hamburg, bei dem „Dampfboot" handelte es sich um die WASSERSCHUTZPOLIZEI
6. Professor Walter Hävernick, damaliger Direktor des Museums für
Hamburgische Geschichte, hatte sichtlich Interesse. Die Reparatur der
kurz zuvor wegen Eisgang gesunkenen Museumsbarkasse GEHEIMRAT JUST wurde
zu teuer. Er bat die Finanzbehörde um eine unentgeltliche Überlassung,
die kurz darauf erfüllt wurde. Nach einer Überholung des Schiffes
erfolgte die offizielle Übernahme in feierlicher Form am 3. Oktober
1969. Dabei erhielt die ehemalige Polizeibarkasse ihren heutigen Namen
OTTO LAUFFER. Professor Otto Lauffer leitete das Museum von 1908 bis
1946 und zählte zu Hamburgs bedeutenden Historikern. Die ersten Jahre
dieser Museumslaufbahn waren jedoch nur bedingt erfolgreich. Das Schiff
wurde gelegentlich für Sonderfahrten unter Dampf gesetzt, aber nur
notdürftig gepflegt. Im kalten Winter 1978 erhielt es derart starke
Eispressungen, dass erneut ein Verlust zu befürchten war. Dank des
Engagements des Museums und der Werft Blohm + Voss konnte die
Dampfbarkasse in den Folgejahren grundlegend restauriert werden. Am 5.
Mai 1984 erfolgte eine erneute Indienststellung, dieses Mal zusammen mit
einem weiteren Museumsschiff, der Motorbarkasse FEUERWEHR IV.
Seit 1984 war die OTTO LAUFFER
nahezu jeden Sommer unter Dampf. Der Aktionsradius für solch ein
„Süßwasserschiff" ist begrenzt, dennoch war der Museumsdampfer mehrfach
auch außerhalb Hamburgs unterwegs, beispielsweise in Lübeck, Glückstadt,
Stade und 1995 auf dem Nord-Ostsee-Kanal
zum Jubiläumskorso.
Eigentümer war nach wie vor das Museum für Hamburgische Geschichte,
gepflegt und gefahren wurde es von einer ehrenamtlich tätigen Crew. Die
OTTO LAUFFER hatte bis 2003 weit über 400 Fahrten im Hamburger Raum
unternommen. Im Frühjahr 2003, kurz vor dem 75jährigen Jubiläum, erlosch
aufgrund von irreparablen Altersschwächen die Betriebserlaubnis des
originalen, kohlegefeuerten Dampfkessels. Damit war das Schiff nicht
mehr fahrtüchtig. Kurz darauf trennte sich das Museum für Hamburgische
Geschichte aufgrund von Umstrukturierungen von seinen drei
Museumsschiffen. Der 1977 gegründete Museumshafen Oevelgönne e.V., der
mittlerweile eine ganze Flotte von historischen Segel-, Dampf- und
Motorschiffen erfolgreich betreibt, übernahm den Schwimmkran HHLA 1 und
die Polizeibarkasse OTTO LAUFFER. 2004 wurde das kalte Schiff nach
Harburg zu „Jugend in Arbeit Hamburg e.V." verholt, um grundlegend
saniert zu werden. Dieser Verein fördert im Rahmen von
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen die Beschäftigung von Arbeitslosen,
insbesondere Jugendlichen, und deren berufliche Qualifikation. Als
„Übungsobjekt" dienen in der Hafenstadt Hamburg auf einem Werftgelände
historische Museumsschiffe. Neben anderen Schiffen wurden hier die
Hamburger Dampfschiffe SCHAARHÖRN, CLAUS D., TIGER und WOLTMAN umfassend
saniert. Im gleichen Umfang wurden auf der OTTO LAUFFER die
Demontagearbeiten und die Rumpfsanierung begonnen. Doch in den letzten
Jahren haben sich die Rahmenbedingungen für Jugend in Arbeit deutlich
verschlechtert. Auch konnte der Museumshafen nicht mehr die
erforderlichen Finanzen aufbringen. Das Projekt kam ins Stocken und 2010
schließlich zum Erliegen. Status heute ist folgender: Der Rumpf ist
gänzlich entkernt, die Schiffbauarbeiten sind zu 95% abgeschlossen, die
Dampfmaschine und diverse Einzelteile wurden überholt. Es wird ein
Neubaukessel benötigt und das ganze Schiff muss wieder montiert und
fahrtüchtig restauriert werden.
Die ehemalige
Polizeibarkasse OTTO LAUFFER hat heute in der Hamburger Museumsszene ein
Alleinstellungsmerkmal. Von der Bauart her als Dampfbarkasse ist sie ein
Einzelstück. Mit Baujahr 1928 stellt sie den Abschluss dieser
Schiffsgattung dar. Mit der Indienststellung als Museumsschiff 1969
leistete sie Pionierarbeit. Nach der Restaurierung bei Blohm + Voss
erhielt sie 1984 vom International Congress of Maritime Museums den
Titel als bestrestauriertes Museumsschiff Deutschlands. Am 1. Januar
2010 wurde das Schiff in die Denkmalliste der Stadt Hamburg eingetragen.
Die OTTO LAUFFER, ex. HAFENPLOZEI VI,
ist ein Juwel, das es zu retten gilt!
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Technische Daten:
Bauwerft: H.C. Stülcken Sohn, Hamburg
Baujahr: 1928
Baunummer: 651
Baumaterial: Stahl
Besteller: Finanzdeputation Hamburg
Länge: 15,50 m
Breite: 3,80 m
Seitenhöhe: 2,10 m
Tiefgang: 1,60 m
Leistung: 145 PSi
Dampfdruck: 12 atü
Lebenslauf:
1928 HAFENPOLIZEI VI für die Hamburger Hafen- und
Schiffahrtspolizei
1936 WASSERSCHUTZPOLIZEI 6 für die Wasserschutzpolizei- Gruppe Hamburg
1969 OTTO LAUFFER für das Museum für Hamburgische Geschichte
2003 wegen Kesselschaden außer Dienst
2004 Museumshafen Oevelgönne e.V., Hamburg
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